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Contergan – Die Suche nach der Wahrheit IX

Mit einer Email erreichte mich folgende Stellungnahme des Untersuchungsausschusses Conterganverbrechen (U.A.C.), einer Bürgerinitiative deutscher Betroffener, zur Antwort der Bundesregierung (Drucksache 17/2915 vom 17.9.2010-
im Anhang beigefügt) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilja
Seifert, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE – Drucksache 17/2081 – unter dem Titel „Der
Conterganskandal – Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft“.

Diese möchte ich allen Interessierten zur Information hier zur Verfügung stellen.
Für den Inhalt der Stellungnahme ist der U.A.C. verantwortlich.

Es schreibt:
Untersuchungsausschuss Conterganverbrechen (U.A.C.)
c./o. Stephan Nuding (Sprecher)
Im Aehlemaar 1c
51467 Bergisch Gladbach
Tel.: 02202/1882677

An:
Alle Conterganverteiler
(mit der Bitte um Weiterleitung),
die nationalen und internationalen
Medien

Sehr verehrte Damen, geehrte Herren, liebe Mitstreiter/innen,

unten anstehend übersenden wir Ihnen / Euch die Stellungnahme des
U.A.C. zu den Antworten der Bundesregierung auf die kleine
Anfrage des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Martina Bunge,
Diana Gloze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
im Deutschen Bundestag.
Gerne stehen wir zu weiteren Auskünften zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Stephan Nuding

STELLUNGNAHME

Die Antwort der Bundesregierung (Drucksache 17/2915 vom 17.9.010-
im Anhang beigefügt) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilja
Seifert, Dr. Martina Bunge, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE – Drucksache 17/2081 – unter dem Titel „Der
Conterganskandal – Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft“ ist nach
Auffassung des Untersuchungsausschusses Conterganverbrechen (U.A.C.)
, einer Bürgerinitiative deutscher Betroffener: „Absolut
unbefriedigend und ein Indiz dafür, dass die Rechte, Lebenssituation und
zwingenden Bedürfnisse der Conterganopfer weiterhin von der
Bundesregierung ignoriert werden. Ein Beleg, dass sich die Bundes-
regierung weiterhin weigert ihre Pflichten aus eigener (fehlendes
Arzneimittelgesetz nach Maßgabe der Römischen Verträge, keine Strafverfolgung des mutmaßlichen NS –
Kriegsverbrechers und „Conterganerfinders“ Dr. Heinrich
Mückter), wie auch aus der übernommen Schuld der Fa.
Grünenthal GmbH (Stolberg), gegenüber den
Betroffenen zu begleichen“.

Zu den einzelnen Fragen und Antworten:

Zu Frage 1.,2.,3.,4.:
Wenn die Bundesregierung erklärt, dass der Conterganstiftung
„keine entsprechenden Informationen“ darüber vorliegen würden, in
welchen Ländern thalidomidhaltige Präparate unter dem Namen
„Contergan“- oder anderen Bezeichnungen – von der Fa. Grünenthal
selbst, oder von deren Lizenznehmern, vertrieben wurde, so wird
sich diese den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass man sich an
verantwortlicher Stelle offensichtlich
nicht um die vollständige Aufklärung des Conterganverbrechens
bemüht; an dieser kein Interesse hat. In dem, heute noch erhältlichen,
Buch „Contergan/Thalidomid: Ein Unglück kommt selten allein“ von
Catia Monser (erschienen 1993 by Eggcup-Verlag / Düsseldorf, ISBN
3-930004-00-3)sind auf den Seiten 264-267 die Länder verzeichnet, wo
Thalidomid vertrieben wurde. Auch die Produktnamen und
Opferzahlen sind größtenteils benannt. Wenn diese Aufstellung auch
unvollständig ist, so ist diese doch ein Anhaltspunkt, dem
es nachzuforschen gilt. Weder die Bundesregierung, noch die
Conterganstiftung sind auf Informationen angewiesen
, die die Schadensverursacherfirma Grünenthal GmbH, „vertraulich“
an den ehem. Leiter der Medizinischen Kommission der Contergan-
stiftung weitergegeben hat.

Zu Frage 5.,6.und 7.:
Für den U.A.C. stellt es einen unverständlichen
Vorgang und ein eklatantes Versäumnis dar
, dass die Bundesregierung in der
Vergangenheit den zahlreichen, auch durch die
Mitteilungen des U.A.C. veröffentlichten, Indizien und
Beweisen nicht nachgegangen ist, die auf die engen Verflechtungen der
Fa. Grünenthal GmbH mit NS – belasteten Personen und Kriegsverbrechern
hinweisen und, die es nahelegen, dass Thalidomid keine „Erfindung“ aus
den Labors derselben ist.

Antworten zu Frage 8. und 9.:
Wenn der Vorstand der Conterganstiftung den Antrag des Herrn Dr.
Ludger Wimmelbücker abgelehnt hat, da „die Stiftung derzeit nur
zukunftsorientierte Projekte fördert, die die Situation der
contergangeschädigten Menschen verbessern können“, so ist zu fragen
, warum die Conterganstiftung und die
Bundesregierung keine Anstrengungen unternehmen das ganze Ausmaß des
Conterganverbrechens, das auch ein Teil der Geschichte der
Bundesrepublik ist, lückenlos auf zu decken. Gleiches gilt analog
für die Antwort auf Frage 9..
Geht hier der Täter- vor dem Opferschutz?
Sollen mit dem fadenscheinigen Hinweis auf ein
angebliches „Firmen- und Geschäftsgeheimnis“ weitere Beweise für das
ganze Ausmaß der Schuld der Fa. Grünenthal GmbH unterdrückt werden?

Antwort zu Frage 13, und 14.:
Wenn die Bundesregierung in der Antwort zu Frage 14.erklärt
, dass ihr weder bekannt ist, wie viele Contergangeschädigte
Leistungen nach dem Zweiten, Elften oder
dem Zwölften Sozialgesetzbuch erhalten, noch wie viele
Contergangeschädigte von Leistungen ihrer
Lebens- oder Ehepartner sowie von anderen Verwandten
abhängig sind, so stellt sich die Frage, wie diese in der
Antwort zu Frage 13. zu der Auffassung kommt, dass Sozialleistungen
und die Leistungen nach dem Conterganstiftungsgesetz „grundsätzlich
ausreichend“ sind. Es sei auch darauf hingewiesen, dass dem Familien-
ausschuss des Deutschen Bundestages, dem verantwortlichen Bundes –
familienministerium, zahlreichen Abgeordneten und den Beauftragten
der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen
in den vergangenen drei Jahren durch zahlreiche Dokumente, Gespräche
und Briefe die unerträgliche Situation der deutschen Opfer des
Conterganverbrechens dargestellt und verdeutlicht wurde. Hingewiesen
sei auch auf die ausführliche Berichterstattung in den Medien zu
diesem Thema.
Nachdrücklich stellt der U.A.C. an dieser Stelle noch einmal fest,
dass es – im Gegensatz zu den Darstellungen und Ausführungen der
Bundesregierung – n i c h t um irgendwie geartete „Hilfs- oder
Sozialleistungen“, sondern um die Zahlung eines individuellen,
schadensentsprechenden Schadensersatzes geht, den die Bundesrepublik
Deutschland den Opfern des Conterganverbrechens seit Jahrzehnten
verweigert.

Antwort zu Frage 15.:
Der U.A.C. stellt fest, dass den Betroffenen des
Conterganverbrechens durch den, s.Zt. aus unserer Sicht den Eltern
aufgezwungen – und selbst in juristischen Fachkreisen umstrittenen –
„Vergleich“ mit der Schadensverursacherfirma Grünenthal GMbH
die Möglichkeit zu zivilrechtlichen Schritten genommen wurde.
Dass von politischer Seite maßgeblich zum Zustandekommen dieses „Vergleiches“, wie auch der hieraus resultierenden Einstellung des Alsdorfer Conterganprozesses, Einfluss zu Gunsten der Beschuldigten genommen wurde, ist heute unumstritten und in der einschlägigen
Literatur jederzeit nachlesbar(vgl.u.a.: Gemballa Gero: „Der
dreifache Skandal“, Luchterhand Literaturverlag GmbH
, 1993, ISBN 3-630-86803-7 und Huhn, Klaus:“Mord durch
Tabletten.Der Fall Contergan“, Verlag edition ost,
ISBN 978-3-360-02024-6).

Zu Frage 16. und 17.:
Aus Sicht des U.A.C. kann und darf es nicht länger um Leistungen
mit sozialrechtlichem Charakter gehen. Auch ist die Situation
Contergan- bzw. Thalidomidgeschädigter im Ausland für die Frage des
Schadensersatzes, den die Bundesrepublik Deutschland den Deutschen Conterganopfern schuldet,rechtsunerheblich. Der Bundesregierung
dürften die zahlreichen, anhängigen Klagen von Contergangeschädigten
vor deutschen Gerichten und dem Internationalen Gerichtshof für
Menschenrechte bekannt sein. Es muss hier und heute der
offenen Frage des Schadensersatzes für die deutschen Opfer ein Ende
gesetzt werden. Dies muss aber, der Sachlage entsprechend, bedeuten
, dass die Bundesrepublik Deutschland aus eigener, wie auch aus
der übernommen Schuld der Firma Grünenthal, individuellen, schadensentsprechenden Schadensersatz und Schmerzensgeld gegenüber
den Opfern ihrer Versäumnisse zahlt.
Für den U.A.C. ist es bar jeder Menschlichkeit
und des Empfindens aller billig und gerecht Denkenden, wenn
die Bundesregierung die Opfer des Conterganverbrechens zu
vermutlich jahrelangen Prozessen zwingt, die zumindest teilweise
die materielle, physische und psychische Kraft der Betroffenen überschreiten.

Zu Frage 20. und 22.:
Aus persönlicher Mitteilung und Erfahrung von Mitbetroffenen ist dem
U.A.C. anhand zahlreicher Fälle bekannt, dass die sogenannten
„datenschutzrechtlichen Richtlinien“ zum Teil derart repressiv
ausgelegt werden, dass es zum Nachteil der Conterganopfer gereicht.
Drei Beispiele:

– Die Namen der Gutachter der Medizinischen Kommission
der Conterganstiftung, die z.B. für die Entscheidung der Revisions- oder
Anerkennungsanträge der Opfer des Conterganverbrechens zuständig sind,
werden den Betroffenen im Normalfall nicht genannt.
– Die in der Stiftung befindlichen Dokumente / Unterlagen der Contergan-
opfer werden diesen – wiederum mit Hinweis auf den Datenschutz – nur in
selektierter Form zur Einsicht oder in Kopie ausgehändigt.

– Auch ist es in der Vergangenheit mehrfach vorgekommen, dass Be-
troffene nur unter Zuhilfenahme eines Rechtsbeistandes Akteneinsicht
erhielten.

Zu Frage 23.:
Die Tatsache, dass die Vorsitzende des Bundesverbandes der Contergan-
geschädigten (BV), Frau Margit Hudelmaier, anlässlich der Direktwahl
zum Stiftungsrat die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte,
rechtfertigt nach Auffassung des U.A.C. in keinster Weise die Be-
vorzugung des Bundesverbandes gegenüber anderen
Interessenvertretungen der Deutschen Conterganopfer durch die Bundesregierung. Hierbei ist zu betonen, dass nach Meinung des U.A.C.
der Bundesverband seit Jahrzehnten das Vertrauen der überwiegenden
Mehrheit der Deutschen Conterganopfer verloren hat (siehe hierzu: Internetseiten des Bundes der Contergan- und Grünenthalopfer (
BCG) Kapitel: Bundesverband, Unterrubrik „Skandale“.
Der Umstand, dass sich lediglich der BV mit dem sogenannten „Forschungsauftrag“ beschäftigt hat, ist alleine darauf
zurück zu führen, dass die große Mehrheit der Deutschen
Conterganopfer und deren Interessenvertretungen den
„Forschungsauftrag“ ablehnen. Es sei in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass der BV – nicht nur nach Ansicht des U.A.C. –
eine völlig intransparente, undemokratische Organisation darstellt
, die maximal 600 der ungefähr 2600 Deutschen Conterganopfer vertritt.

Zu Frage 24.:
Es ist ein inakzeptabler Zustand, dass die
Schadensverursacherfirma Grünenthal die Kosten der Medizinischen
Komission jährlich mit einer namhaften Zahlung finanziert /
mitfinanziert. Nach Aufassung des U.A.C. gerät die Medizinische
Kommission hierdurch in eine Nähe zur Firma Grünenthal GmbH, die
deren wissenschaftliche Urteilsfindung zum Nachteil der Conterganopfer
beinflussen könnte. Dies insbesondere, da die Vermutung nahe liegt
, dass die medizinischen Gutachter der Stiftung, schon alleine
berufsbedingt, in temporärem Kontakt (z.B. durch Pharmavertreter,
Fachmessen, Kongresse oder Seminare) mit der Fa. Grünenthal GmbH
stehen. Der U.A.C. sieht durch die derzeitige Praxis der Pauschal-
zahlung an die Stiftung die Gewährleistung der unabhängigen
Urteilsfindung der Mitglieder der Medizinischen Kommission als
zumindest nicht unproblematisch an.

zu Frage 28.: Die Antwort der Bundesregierung geht völlig an der
Frage vorbei; beantwortet nicht, was diese als
„angemessen“ erachtet.

zu Frage 29.: Ganz abgesehen von der Frage nach den ausstehenden
Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlungen der Bundesrepublik
Deutschland für die Deutschen Opfer des Conterganverbrechens, wider-
spricht der U.A.C. der Darstellung der Bundesregierung mit aller
Entschiedenheit, dass diese keinen Gesundheitsschaden erlitten
oder ein „Sonderopfer“ geleistet haben,““für dessen Folgen die
staatliche Gemeinschaft in Abgeltung eines besonderen Opfers oder
aus anderen Gründen nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen“
einzustehen hat““.
Denn:

– Erst unter dem Eindruck der Thalidomid- Conterganvergiftung, die
tausende von Menschenleben forderte und weitere tausende von
Menschen verstümmelte und lebenslänglich zeichnete, sah sich die
Bundesregierung zur Arzneimittel – Novelle von 1964 gedrängt. Die Contergangeschädigten brachten ihr Leben und/oder ihre Gesundheit
als „Sonderopfer“ dar, damit die Gesamtbebevölkerung durch die Arznei-
mittelgesetz – Novelle von 1964 endlich besser vor Arzneimittel-
vergiftungen geschützt würde. Erwähnenswert ist in diesem
Zusammenhang auch, dass die Bundesregierung – zumindest
indirekt – bereits im Juni 1963 ihre eigene Mitschuld an den
Schädigungen der Conterganopfer eingestand. Zitat: „Auf Grund der
bisher gemachten Erfahrungen ist die Bundesregierung der Auffassung
, daß die geltenden Vorschriften des Arzneimittelgesetzes(…) den
Interessen der Volksgesundheit nicht genügend Rechnung tragen“. (vgl.:
Bundesdrucksache IV/1370 vom 20.6.1963 und Kirk, Beate: „Der
Contergan-Fall: eine unvermeidbare Arzneimittelkatstrophe?“
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH. Stuttgart 1999, ISBN
3-8047-1681-4). Schon alleine hieraus resultiert ein Rechtsanspruch
der Opfer des Conterganverbrechens gegen die
Bundesregierung.

– Unter der Schockwirkung der Folgen von Contergan wurde die „Aktion
Sorgenkind“ (heute: „Aktion Mensch“) gegründet, deren Leistungen
seit Jahrzehnten allen Behinderten in der Bundesrepublik zu Gute
kommen. Ohne das „Sonderopfer“ der Contergangeschädigten wäre weder
diese segensreiche Aktion gegründet worden, noch wäre es zu einem
Umdenken der Gesellschaft im Umgang mit- und in der Integration
der Behinderten in der Bundesrepublik gekommen.

– Bei Gründung des „Hilfswerk für behinderte Kinder“, einer
öffentlich – rechtlichen Stiftung des Bundes, wurden 1972 die
Gelder aus dem Vergleich der Conterganopfer mit der Schädigerfirma
Grünenthal GmbH zwar per Gesetz, aus unserer Sicht aber dennoch
zwangsweise, in besagte Stiftung eingebracht. Zwischen 1972 und 2008
wurden aus dieser Stiftung, die nur durch das „Sonderopfer“
der Contergan- / Thalidomidgeschädigten zustande kam, insgesamt 836
Projekte mit einem Gesamtvolumen von 129.9 Millionen Euro, die nicht
den Betroffenen zugute kamen, gefördert.

– Durch das „Sonderopfer“, das die Betroffen durch ihre erlittenen
Schädigungen gebracht haben, war es insbesondere den medizinischen
Fachgebieten der Orthopädie, Prothetik und Chirurgie; in der
Psychologie, der Behindertenrehabilitation und – ausbildung möglich
völlig neue Praktiken, Behandlungsformen und Verfahren zu entwickeln,
die auch heute vielen Geschädigten und Behinderten zu Gute kommen.
Der U.A.C. vertritt in diesem Punkt die Meinung, dass hierbei der
sogenannte „wissenschaftliche Fortschritt“ oftmals ohne die not-
wendige Rücksichtnahme auf die Opfer von Contergan vorangetrieben und
durchgesetzt wurde. Dem U.A.C. liegen Berichte von Betroffenen
vor die beweisen, dass Conterganopfer in vielen Fällen misshandelt,
nutzlosen physischen und psychischen Qualen und Menschenversuchen
ausgesetzt wurden.

zu Frage 30:
Nicht nur nach Auffassung des U.A.C. wird die Mortalitätsrate der
Contergangeschädigten innerhalb der nächsten fünf Jahre erheblich
steigen. Nach seriösen Schätzungen ist davon auszugehen, dass
zwischen 25 und 40 % Betroffenen das Jahr
2020 nicht mehr erleben werden. Selbst wenn man voraus setzt, dass
ein Teil dieser Gruppe infolge des allgemeinen Lebensrisikos
der entsprechenden Geburtenjahrgänge versterben wird, so wird der
Großteil nur infolge von Spät- und Folgeschäden durch Contergan den
Tod finden.

zu Frage 32:
Es erweckt den Eindruck, dass die Bundesregierung die tatsäch-
liche Situation der deutschen Conterganopfer, welche die Betroffenen
und die Medien in den vergangenen drei Jahren in zahlreichen
Dokumenten, Briefen, Gesprächen, Veranstaltungen und – nicht
zuletzt – in den beiden Anhörungen des Jahres 2008 vor dem
Familienausschuss des Deutschen Bundestages, sowohl der Öffentlichkeit,
dem zuständigen Ministerium, den Abgeordneten des Deutschen
Bundestages, den Parlamentariern verschiedener Bundesländer
und der Bundesregierung kommuniziert haben, bemüht ist positiver darzustellen, als sie es ist.
Der Bundesregierung dürfte bekannt sein, dass ein Großteil der
Opfer des Conterganverbrechens unterhalb der Armutsgrenze lebt oder
von Armut bedroht ist; dass Sozialleistungen in einer Vielzahl von
Fällen erst auf dem jahrelangen Klageweg erstritten werden müssen.
Ganz abgesehen davon betont der U.A.C. noch einmal ausdrücklich, dass
es unseres Erachtens n i c h t um die „Ermittlung
eines Hilfsbedarfes“ geht, sondern um die Leistung von individuellem
Schadensersatz und Schmerzensgeld, welche die Bundesregierung
aus eigener und übernommener Schuld zu zahlen verpflichtet ist.

zu Frage 33.:
Es wird auf die Antworten zu den Fragen 37. + 38. verwiesen.
Ergänzend ist festzustellen, dass zahlreiche Schädigungen
> >durch das Präparat Contergan (z.B. der Nerven- oder Blutgefäße,
chronische Schmerzsyndrome, posttraumatische Belastungsstörungen)
bisher n i c h t bei der „Bemessung der
Höhe der Zahlungen aus der Conterganstiftung“ berücksichtigt
sind; in den Schadenskatalog nicht aufgenommen wurden.

zu Frage 37. + 38.:
Es ist aus Sicht des U.A.C. moralisch fragwürdig, dass aus den
Mitteln der Conterganstiftung ein sogenanntes „Forschungsprojekt“
finanziert wird.Die Antworten der Bundesregierung bzgl. der
Forderungen 1. – 7. (Frage 37.) sind die Offenlegung des
Scheiterns und Desinteresses der Bundesregierung im Bezug auf
eine tatsächliche, nachhaltige und kurzfristige Verbesserung der
Lebenssituation der Conterganopfer.

Im Einzelnen:
zu Forderung 1.: Das „“Teilprojektes:
Wiederholt durchzuführende Befragungen zu Problemen, speziellen
Bedarfen und Versorgungsdefiziten in Deutschland lebender
contergangeschädigter Menschen““, ist auf 24 Monate angelegt. Eine
Umsetzung der Resultate ist, sofern diese überhaupt erfolgen wird,
also voraussichtlich nicht vor dem Herbst 2013 zu erwarten. Der
Bundesregierung, wie auch den Verantwortlichen in Ministerien und
Ausschüssen, dürfte bekannt sein, dass für eine größere Anzahl der
Betroffenen somit die dringend erforderlichen Finanzmittel
zu spät kommen werden.

zu Forderung 2.:
Die Tatsache, dass die „seit Januar 2008 existierende
Interministerielle Arbeitsgruppe zu Conterganschäden“ unserer
Kenntnis nach bisher nichts erreicht hat, um „die Beseitigung von
Hemmnissen bei der Gewährleistung von Leistungen in den Bereichen
Gesundheit / Pflege / Assistenz und Mobilität“ zu gewährleisten,
bestätigt die Befürchtungen des U.A.C. im Hinblick auf die
Ernsthaftigkeit der Bemühungen der Bundesregierung bezüglich der
Verbesserung der menschenunwürdigen Situation der deutschen
Conterganopfer.

zu Forderung 3.:
Von einer echten „Dynamisierung der Conterganrenten“ wäre
nur dann zu sprechen, wenn sich deren Entwicklung an der tat-
sächlichen Inflationsrate und nicht an derjenigen der gesetzlichen
Renten orientieren würde.

zu Forderung 4.:
Eine „Weiterführung der Reform der Finanzausstattung und
Struktur der Conterganstiftung und Vorlage der Reformbestrebungen
gegenüber dem Deutschen Bundestag,“ ist für den U.A.C. nicht
ersichtlich.

zu Forderung 5.:
Es wird auf die Stellungnahme zu Forderung 1. verwiesen.

Forderung 6.:
Die Einrichtung eines „Beratungs- und Informationstelefons“ wird vom
U.A.C. prinzipiell befürwortet, sofern der Datenschutz gewährleistet
ist. Es wird angeregt auch ein „Beschwerdetelefon“ einzurichten.

zu Forderung 7.:
Es wird auf die Stellungnahme zu Forderung 1. verwiesen.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der U.A.C. die Gleichsetzung
von Schäden durch das Conterganverbrechen mit „seltenen Erkrankungen“
als eine Diskrimierung seitens der Bundesregierung wertet, die
darauf abzielt von der eigenen Schuld der Bundes-
regierung an unseren Schäden und Verstümmelungen abzulenken.

Explizit zu Frage 38:
Es wird auf die Stellungnahme zu Frage 37., zu Forderung 1.
verwiesen. Ergänzend stellt der U.A.C. fest, dass dieser
das zweijährige „Forschungsprojekt“ ablehnt, da dieses
lediglich der „Feststellung eines Hilfsbedarfes“ dient; von der
offenen Frage des Schadensersatzes und Schmerzensgeldes ablenkt.

zu Frage 39.:
Es wird auf die Stellungnahme zu Frage 32. verwiesen.

zu Frage 47.:
Es wird analog auf die Stellungnahme zu Frage 32. verwiesen.

zu Frage 51.:
Mit Bedauern und Unverständnis nimmt der U.A.C. zur Kenntnis, dass
die Bundesregierung auch in diesem Punkt nicht einmal über die
rudimentärsten, in der einschlägigen Fachliteratur
und durch Veröffentlichungen der Medien jedermann zugänglichen,
Kenntnisse über den Gesamtkomplex des Conterganverbrechens verfügt.
Auch an dieser Stelle zwingt sich dem U.A.C. der Eindruck auf, dass
bzgl. der Fa. Grünenthal GmbH / der Familie Wirtz der Täter- vor dem
Opferschutz für die Bundesregierung Vorrang hat.

zu Frage 52.:
Der U.A.C. stellt die Darstellungen in Frage.
Eine detaillierte Stellungnahme wird der U.A.C.,
nach Abschluss und Auswertung der eigenen Recherchen, veröffentlichen.

zu Frage 54 + 55.:
Aufgrund der Ergebnisse der durch den U.A.C. angestellten und in
wichtigen Teilen der Bundesregierung zugesandten Recherchen, vertritt
dieser bereits heute die Ansicht, dass die
vorliegenden Dokumente bzgl. Thalidomid / Contergan so eindeutig
sind, dass – unabhängig von der eigenen Schuld der Bundesregierung –
eine juristische Neubewertung der Schuld der Fa. Grünenthal dringend
erforderlich ist, die in letzter Konsequenz auch die Frage der
Schadensersatzforderungen zugunsten der deutschen Opfer des Contergan-
verbrechens gegenüber der Fa. Grünenthal GmbH und der Eigentümerfamilie
Wirtz neu zu bewerten und zu beurteilen haben muss.

1702915-1.pdf

Contergan – Die Suche nach der Wahrheit VIII

Gerade kam die folgende Pressemitteilung via Email hier an. Gerne stelle ich sie dem interessiertem Leser zur Verfügung.

——– Original-Nachricht ——–
Datum: Sun, 31 Oct 2010 09:33:06 +0100
Von: „www.contergan-sh.de“
An: uac@gmx.net
Betreff: PRESSEMITTEILUNG = Untersuchungsausschuss Conterganverbrechen fordert vollständige Aufklärung

An:
Alle Conterganverteiler
(mit der Bitte um Weiterleitung)
die nationalen
und internationalen Medien

PRESSEMITTEILUNG VOM 30.10.2010

UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS CONTERGANVERBRECHEN

FORDERT
VOLLSTÄNDIGE AUFKLÄRUNG

Dem Bericht der
Deutschen Ärztezeitung – online von heute ist zu
entnehmen, dass
australische Conterganopfer
Klage gegen die Schadensverursacherfirma
Grünenthal GmbH
/ Stolberg eingereicht haben.
Hierbei überrascht, dass
die die Mutter des ältesten, klagenden
Contergan- / Thalidomidopfers das
fruchtschädigende Medikament
bereits 1955 eingenommen haben soll.

Zur
Erinnerung:

Thalidomid, die Wirksubstanz von Contergan, wurde –
gemäß
der Darstellung der Fa. Grünenthal – im Frühjahr 1954 im

Forschungslabor des Unternehmens „entdeckt“ und erhielt zunächst die

Bezeichnung „K 17“. Am 17.April 1954 wurde K 17 / Thalidomid beim

Deutschen Patentamt angemeldet. In der Folgezeit wurden klinische-
und
Tierversuche durchgeführt, deren wissenschaftliche
Aussagekraft in
Fachkreisen nach wie vor umstritten ist.
Bereits im November 1956 brachte
die Verkaufsabteilung des
Stolberger Unternehmens das thalidomidhaltige
Grippemittel Grippex
„versuchsweise“ im Raum Hamburg in den Handel. Am 1.
Oktober 1957
begann der rezeptfreie Verkauf thalidomidhaltiger Präparate –
unter
den Namen „Contergan“ und „Contergan – Forte“ – in der

Bundesrepublik Deutschland.

Soweit die offizielle Version der Fa.
Grünenthal GmbH.

Bereits in früheren Veröffentlichung stellte der
Untersuchungs-
ausschuss Conterganverbrechen (U.A.C.,)bedingt durch das
Resultat
eigener – bereits veröffentlichter – Recherchen, diese
Darstellung in Frage.

Wenn nun der gestrigen Meldung der Ärztezeitung –
online zu
entnehmen ist, dass zu den australischen Contergan – Klägern
auch Opfer
gehören, deren Schädigungen der Thalidomideinnahme der Mutter
im
Jahr 1955 zugrunde liegen; dem U.A.C. der Bericht eines
Geschädigten
des Jahrgangs 1954 aus Österreich vorliegt und
die ersten, bekannten
deutschen Conterganopfer im
Dezember 1956 und März 1957 geboren wurden,
so
stellt sich dem objektiven Betrachter die berechtigte Frage, wie
dies
mit den Behauptungen der Fa. Grünenthal GmbH
in Einklang zu bringen
ist.

Zur ergänzenden Verdeutlichung:

In Australien wurden
thalidomidhaltige Produkte unter den Namen
Asmaval, Distaval, Tensival,
Valgis und Valagaine vermutlich
zwischen 1960 und Anfang 1962 vertrieben.
Der Verkauf in Österreich
fand zwischen 1958 und Dezember 1960 unter der
Bezeichnung
Softenon statt.

Auf den Internetseiten der
Schadensverursacherfirma Grünenthal
GmbH ist auf den Seiten zum Thema
Contergan u.a. zu lesen:

„Grünenthal wünscht sich die sachliche und
historisch fundierte
Auseinandersetzung mit diesem Thema.“ Nur schade,
dass Grünenthal
und deren Eigentümer, die Familie Wirtz, eine fundierte,
historische
Bewertung des Themas Contergan boykottieren in dem sie
Betroffenen den
Zugang zum Firmenarchiv verweigern; in Sachfragen auch auf

das Firmen- oder Geschäftsgeheimnis verweisen.

Sonderbar, dass es weder
die Bundesregierung, noch deren
nachgeordnete Stellen, es für nötig
erachten in der Sache aktiv
zu werden.

Seltsam, dass der Bericht der
Sunday – Times vom 8. Februar
2009 unter dem Titel „Thalidomide was created
by the Nazis“ keine,
wie in ähnlich gelagerten Vorwürfen umgehend
angestellten, Recherchen
der unterschiedlichsten Stellen
auslöste.

Merkwürdig, dass die Schadensverursacherfirma Grünenthal
GmbH
, die sonst wenig zurückhaltend ist, wenn sie eine Schädigung ihres

Images befürchtet, die Vorwürfe des U.A.C. in der Vergangenheit
nicht
dementiert hat.

Fürchtet die Eigentümerfamilie Wirtz und das
Unternehmensmanagement
, das die ganze Dimension des
Grauens, dass ihr
„Wundermittel“ Thalidomid über abertausende von
Menschen und Familien
gebracht hat, offenbar wird und, dass dies
gesellschaftliche oder
wirtschaftliche Konsequenzen für sie haben
könnte?

Geht die
Bundesregierung den erhobenen Vorwürfen nicht nach, weil man
den Ausfall
eines finanziell potenten Steuerzahlers und Mäzens fürchtet?

All dies
wären keine Gründe dafür, dass die Contergan-
/ Thalidomidopfer über
die Hintergründe ihrer Leiden, Not
und Schmerzen im Unklaren gelassen;
auf den ideellen und materiellen Schäden die in die Milliarden von Euros
gehen, sitzen gelassen werden.

Der U.A.C. appelliert heute noch einmal
eindringlich an die Verant-
wortlichen in Staat und Gesellschaft, aber auch
an die Grünenthal –
Eigentümerfamilie Wirtz, endlich das Schweigen und
das Verwirrspiel
um die wahre Geschichte von Thalidomid zu beenden.
Nach
Ansicht des U.A.C. ist es an der Zeit, dass die
Verantwortlichen ihre
Schuld offenlegen und begleichen.

Kontakt:
Untersuchungsausschuss
Conterganverbrechen (U.A.C.)
c./o. Stephan Nuding (Sprecher)
Im Aehlemaar
1c
51467 Bergisch Gladbach
Tel.: 02202/1882677
Mobil: 01577/2117554
Email:
uac@gmx.net

————————–
######################################################################
Information
Diese Mail wurde von http://www.contergan-sh.deüber den Newsletter
verteilt.
Weiterleitung dieser Mail ist nur erlaubt, wenndiese Fußdaten mit
übermittelt werden.
© http://www.contergan-sh.de
######################################################################.

Hier sei noch der Link zum Bericht der Ärztezeitung.de angefügt.

Contergan – Die Suche nach der Wahrheit VII

Bei meiner Suche nach der Wahrheit bin ich auf diese Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 16/13086 –
Der Conterganskandal – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Bezüglich der Frage unter Nummer 5 ist dort die Stellungnahme der Firma angegeben.

Eine neutrale Beantwortung. Es ist wie immer, wenn Thalidomid-Geschädigte bei der Aufklärung um Hilfe bitten. Sie müssen selbst die voll belastbaren Dokumente vorlegen.