Ist die Börse ein Wettbüro oder ein Handelsplatz?

Den ungewöhnlichen Kursanstieg der VW-Aktie lässt viele die Augen reiben. Gleichzeitig kommen Fragen auf, wer wie daran beteiligt ist, neben der Titelfrage.
Im folgenden wird hier einmal der Versuch unternommen, dieses deutlich zu machen sowie Antworten auf die Fragen, ausgehende Gefahren für die Beteiligten von Börse, Handelnden und Anleger auf zu zeigen.

Auf Spiegel Online ist der Bericht von Stefan Schultz mit „Experten warnen vor gefährlicher VW-Blase“ überschrieben.
Hier nun, falls die Internet-Seite unter dem og. Link nicht mehr erreichbar sein sollte, der Bericht als Zitat zum Verständnis:

500, 700, fast 1000 Euro: Die VW-Aktie steigt in immer absurdere Höhen und bringt den ganzen Dax durcheinander. Kurzzeitig war der Autokonzern sogar das teuerste Unternehmen der Welt. Experten fürchten einen rasanten Crash – und drängen die Börse zu raschen Gegenmaßnahmen.

Hamburg – Börsianer-Statements klangen an diesem Dienstag noch verwirrter als sonst: „Alles verrückt hier“, sagt ein Postbank-Händler. Ein anderer sagt nur noch „VW“ – und behauptet: „Das erklärt alles.“ Ein dritter sagt, durch VW wirke das Börsengeschehen „deutlich weniger seriös“.

Tatsächlich sind die Kapriolen, die die VW-Aktie zurzeit vollführt, verstörend. Von Montagmorgen bis Dienstagmittag stieg ihr Kurs wie eine Rakete, von ohnehin schon absurden 210,52 Euro auf teilweise mehr als 1000 Euro. Mit dieser Rallye überholte VW vorübergehend sogar Exxon Mobil als wertvollstes Unternehmen der Welt. Bei Börsenschluss kostete die Aktie immer noch über 945 Euro.

Einen solchen Kursanstieg hat es in der Geschichte der Deutschen Börse noch nicht gegeben. Und so hat die Rallye der VW-Aktie die meisten Anleger verblüfft. Einige Experten hingegen nicht. Das Problem habe sich lange angedeutet – VW sei seit Monaten überbewertet.

„Das jetzige Hoch ist nur der Hingucker“, sagt Bernd Schimmer, Chefanalyst der Hamburger Sparkasse. „Schon seit Anfang des Jahres drückt die überbewertete VW-Aktie den Dax künstlich nach oben.“ Tatsächlich, sagt Schimmer, hat das VW-Kurshoch zum Teil die Börsenbeben der Finanzkrise abgefedert.

Seit der Bankrotterklärung der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September sind die Börsen weltweit im Sinkflug. Der Dax brach von 6234 auf zwischenzeitlich rund 4000 Punkte ein. „Ohne VWs Kursboom wäre der Dax noch um mindestens zehn Prozent mehr in den Keller gegangen“, sagt Schimmer, „vermutlich sogar noch mehr.“

Wie es zu der Kursrallye kam

Der Mechanismus, der hinter der aktuellen Kursrallye steht, ist so kompliziert nicht. Er basiert im Grunde auf dem Prinzip Angebot und Nachfrage. Porsche sammelt seit längerem VW-Aktien in kleinen Häppchen, inzwischen hat das Unternehmen seinen Anteil auf 42,6 Prozent aufgestockt, 32,5 Prozent kontrolliert das Unternehmen in Form von Optionen.

Da das Land Niedersachsen, der zweite Großaktionär, ebenfalls über 20 Prozent der VW-Anteile hält, wurde der Anteil der am freien Markt verfügbaren VW-Aktien, der sogenannte Streubesitz, immer kleiner. Gleichzeitig gibt es eine hohe Nachfrage an VW-Papieren – vor allem durch sogenannte Leerverkäufer.

Als Porsche nun am Sonntag bekanntgab, VW über einen Beherrschungsvertrag kontrollieren zu wollen, brach die Panik aus. Inzwischen liegt der Streubesitz nur noch bei rund sechs Prozent des gesamten VW-Kontingents. Das knappe Angebot verursachte einen Run auf die wenigen noch verfügbaren VW-Aktien.

Gefährliche Börsenblase

Das Hoch der VW-Aktie hat inzwischen eine Börsenblase produziert. Das Gewicht des Autobauers im Dax ist überproportional hoch. Bereits am Montag machte der Wert der VW-Titel 16,67 Prozent im Dax aus. Heute werden es nach ersten vorsichtigen Schätzungen über 20 Prozent sein.
20 der 30 Werte im deutschen Leitindex standen zu Börsenschluss dagegen im Minus. „Auch das“, sagt Haspa-Chefanalyst Schimmer, „liegt zum Teil am exorbitanten VW-Kurshoch. Die Stärke der Volkswagen-Aktie schwächt die anderen Dax-Werte“, erläutert er. „Unternehmen, die von der Wertsteigerung der VW-Aktie profitieren wollen, und Leerverkäufer, die für Aktienrückkäufe Kapital benötigen, verkaufen ihre anderen Dax-Werte. Dadurch drückt das Riesenplus von VW viele anderen Werte weiter ins Minus.“

Doch obwohl die meisten Dax-Werte in den roten Zahlen stehen, schloss der Dax über elf Prozent im Plus. „Der Index gibt ein falsches Signal“, sagt Burghof. „Das Gewicht der VW-Aktie im Dax ist so utopisch hoch, dass es die anderen Werte völlig aufhebt. Das kann man schon als Marktversagen bezeichnen.“

Was passiert, wenn die Blase platzt?

Man könnte auch sagen: Im Moment gibt es keinen Dax mehr – nur noch VW. Und das ist ein höchst unberechenbares Konstrukt. Sobald sich der Wert der Aktie normalisiert, drohen dem deutschen Leitindex herbe Verluste. Es gibt mehrere Szenarien dafür. Manche beinhalten einen allmählichen Rückgang des VW-Werts, andere einen plötzlichen – mit gleichzeitigem Börsencrash.
Das harmloseste Szenario ist noch, dass die Nachfrage nach VW-Aktien allmählich wieder sinkt. So vermuten Experten, dass die eminent hohen Preise vor allem von Leerverkäufern produziert worden sind, die ihre geliehenen VW-Aktien kurzfristig zurückgeben müssen. Tun sie dies nicht, begehen sie gegenüber dem Verleiher – meistens einer Bank – einen Vertragsbruch. Sie können dann auf hohe Summen verklagt werden. Zudem droht dem Leerverkäufer ein erheblicher Imageverlust, der es ihm künftig erschwert, sich Aktien zu leihen.

Solche Leerverkäufe dürften allerdings in absehbarer Zeit auslaufen. „Short Sales sind recht kurzfristige Geschäfte“, sagt Finanzexperte Burghof. Ihr Druck dürfte nicht mehr allzu lange auf den VW-Werten lasten. „Laufen allerdings viele Short Sales am selben Tag aus, beispielsweise, da ein Hedgefonds eine große Anzahl an VW-Leerverkäufen getätigt hat, dürfte der Dax deutlich verlieren.“

Was, wenn VW aus dem Dax fällt?

Allerdings, sagt ein Analyst, der nicht namentlich genannt werden will, sei das aktuelle Preishoch nicht unbedingt nur auf Leerverkäufer zurückzuführen. „Es gibt mehrere Aktienfonds, die an den Dax gekoppelt sind oder die Autowerte abbilden“, sagt der Experte. „Wenn die Einlagen solcher Fonds steigen, sind sie gezwungen, neue VW-Aktien zu kaufen.“ Da es aber am freien Markt kaum noch solche Aktien gibt, halte ihre Nachfrage den Preis weiter künstlich hoch.
Ein anderes Szenario ist daher, dass der VW-Wert den Dax bis zum dritten Dezember weiter künstlich aufbläht – und ihn dann mit sich in die Tiefe reißt. Denn am 3. Dezember ist an der Deutschen Börse ein sogenannter Verkettungstermin vorgesehen: Viermal pro Jahr trifft sich der Arbeitskreis Aktienindizes der Deutschen Börse, um die einzelnen Unternehmen im Index neu zu gewichten.

Die vorgesehene Obergrenze einer Aktie liegt aber bei zehn Prozent. Finanzexperte Wolfgang Gerke fordert die Deutsche Börse deshalb auf, jetzt zu handeln, zumindest den Wert der VW-Aktie jetzt schon auf die vorgesehene Obergrenze zu beschneiden. „Es kann nicht angehen, dass eine einzige Aktie den Deutschen Aktienindex so stark bestimmt, wie das derzeit der Fall ist“, sagt er im Interview mit SPIEGEL ONLINE.

Ein weiteres Szenario, ist, dass es einen sogenannten „fast exit“ der VW-Aktie gibt. Nach Börsengesetz müssen mindestens fünf Prozent der Papiere in Streubesitz sein. Ansonsten muss der Wert binnen zwei Tagen ausgetauscht werden. Gerke vermutet, dass schon jetzt weniger als fünf Prozent der Aktien in Streubesitz sind.

In diesem Fall aber müsste VW die Börse benachrichtigen. Die müsste die Aktie gegen eine andere austauschen und die Gewichtung der 30 Dax-Werte anpassen. Die Börsenblase würde platzen – und der Dax in den Keller sausen. „Angesichts des ohnehin gespannten Umfelds“, sagt Burghof, „ist ein neues Börsenbeben dann nicht ausgeschlossen.“

Auf n-tv ist unter diesem Link u.a. ein Video mit dem Titel „VW Höhenflug mit Nebenwirkungen Daxchaos sorgt für schlechte Stimmung“ anzusehen, wo das Unverständnis der Börsianer deutlich wird.

Wunderbar offensichtlich ist hier am Montag, 27. Oktober, und Dienstag, 28. Oktober, für jeden sichtbar, wie herrlich Leerverkäufe von Aktien sich auf einen Kurs einer Aktie auswirken kann.
Alle beteiligten Akteure wissen hoffentlich was sie tun!
Meiner Auffassung nach sollte es wohl besser heißen: „Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun!“

Es wird immer noch lustig auf fallende Kurse gewettet. Dieses Handeln mit Leerverkäufen ist in dieser momentanen Finanzkrise wohl nicht so ganz ungefährlich wie in einem normalen Wirtschaftsumfeld.

Im Krisenticker des Manager-Magazin wird getitelt „Gerüchte um VW-Deal belasten Großbank“. Damit auch hier der Zusammenhang erhalten bleibt, falls die verlinkte Seite nicht mehr erreichbar sein sollte, nun aus dem Ticker folgende Zitate:

Krisenticker
Gerüchte um VW-Deal belasten Großbank

Gerüchte, die SocGen habe sich mit VW-Aktien verspekuliert, lassen den Kurs der französischen Großbank abstürzen. Die Stimmung der US-Verbraucher ist so stark gefallen wie nie. Die Bank of England taxiert die weltweiten Verluste durch die Finanzkrise auf 2,2 Billionen Euro.

16.35 Uhr: Gerüchte um Verluste durch Spekulationsgeschäfte mit der Volkswagen-Aktie belasten Händlern zufolge die französische Großbank Societé Generale. Es gebe Gerüchte, dass SocGen durch Leerverkäufe von VW-Aktien Verluste verzeichnet habe. Die in Paris notierte Aktie fiel am Nachmittag um 16 Prozent auf 31,83 Euro zurück und war damit der größte Verlierer im französischen Leitindex CAC40.

Die Aktie von Volkswagen Chart zeigen lag zugleich 31 Prozent im Plus und kostete 685 Euro. Zwischenzeitlich hatten VW sogar über 1000 Euro notiert. Die Deutsche Börse müsse daher jetzt eingreifen und die Gewichtung von Volkswagen im Dax unverzüglich wieder verringern, forderte Wolfgang Gerke, Mitglied des Börsenrates, im Gespräch mit manager-magazin.de.

Wer noch an den Spekulationen beteiligt ist oder davon betroffen wird berichtet das Handelsblatt vom 28.10.2008 unter dem Titel „Fehlspekulationen VW-Höhenflug kostet Fonds Milliarden“ von Jörg Hackhausen, Sönke Iwersen, Florian Kolf, Ralf Drescher und Sven Afhüppe.
Damit auch hier der Zusammenhang erhalten bleibt, falls der Bericht über den vorgenannten Link nicht mehr erreichbar sein sollte, folgendes Zitat daraus:

Auslöser sind offenbar Hedge-Fonds, die vergeblich auf einen Kurssturz von VW spekuliert hatten. Sie hatten geliehene VW-Aktien verkauft und müssen sie jetzt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt mit riesigen Verlusten zurückkaufen. Nach Informationen des Handelsblatts aus Bankkreisen soll allein der Londoner Hedge-Fonds Marshall Wace zwischenzeitlich mehr als fünf Milliarden Euro verloren haben. Marshall Wace wies dies zurück und sprach von einem nur wesentlich geringeren VW-Verlust. Aktuell liege das Risiko für Marshall Wace bei weniger als 50 Millionen Euro. Den Kreisen zufolge soll sich auch der von der Wall-Street-Legende Richard Perry geführte Fonds Perry Capital in großem Ausmaß verspekuliert haben. Ferner sei der Investor Greenlight Capital mit seinem VW-Engagement tief unter Wasser, erfuhr das Handelsblatt aus unternehmensnahen Quellen. Brancheninsider sprechen davon, dass zahlreiche weitere Hedge-Fonds und auch Investmentbanken bei VW gerade einen Alptraum erleben.

Der elf Milliarden Dollar schwere Perry Fonds musste erst in den vergangenen Tagen Entlassungen bekannt geben – eine praktisch unvorstellbare Situation für Richard Perry, einen der angesehensten Geldmanager weltweit. Doch aktuell ist sein Fonds genau so in der Verlustzone wie viele andere. Nach Angaben des Branchendienstes Hedge Fund Research lag der Durchschnittsverlust bei den weltweit rund 10 000 Fonds bereits vor den Turbulenzen bei VW bei 17,6 Prozent.

Der unerwartete Kursanstieg trifft nicht nur Spekulanten, die auf fallende VW-Kurse gesetzt haben. Insbesondere Index-Fonds sind dazu gezwungen, Volkswagen-Aktien zu den aktuell absurden Preisen zu kaufen. Diese Fonds orientieren sich rein technisch daran, welche Aktie wie viel Prozent in einem Index ausmacht. Wenn also die VW-Aktie massiv steigt und der Dax gleichzeitig sinkt, erhöht sich der VW-Anteil extrem. Dies löst bei softwaregesteuerten Fonds Kaufanweisungen aus. Bei der Gegenbewegung nehmen sie die Verluste voll mit.

Entsprechend laut sind die Forderungen, dass die Deutsche Börse und die Finanzaufsicht eingreifen. „Im jetzigen Exzess muss die Börse reagieren“, sagt Christian Stocker, Indexexperte der Unicredit. Bei Volatilitäten wie bei VW müsse eine Aktie auch vom Handel ausgesetzt werden können. Auch Michael Punzet von der DZ Bank, der den heutigen Anstieg der Aktie am Vortag fast exakt vorausgesagt hat, fordert die Deutsche Börse zum Handeln auf. „Durch den VW-Anstieg im Dax ergeben sich massive Verwerfungen – zum Beispiel bei Absicherungsgeschäften von Versicherungen und Fonds“, sagt Punzet.

Auch die Politik reagierte am Dienstag alarmiert auf die Kurskapriolen der VW-Aktie. „Das ist Wahnsinn“, sagte SPD-Finanzexperte Joachim Poß. Solche irrationalen Kursverläufe müsse man sich genau anschauen. Otto Bernhardt, finanzpolitischer Sprecher der CDU, will prüfen lassen, ob der Gesetzgeber gegen diesen Irrsinn regulierend eingreifen muss. Die Fraktionsarbeitsgruppe Finanzen soll bereits in der nächsten Woche über mögliche Regulierungsinstrumente beraten, sagte Bernhardt dem Handelsblatt.

Die Börse sieht keinen Handlungsbedarf. Die Kritik vieler Marktteilnehmer, die Börse hätte die VW-Aktie aufgrund der extremen Kursanstiege aussetzen müssen, wies ein Sprecher zurück: „Das gibt unser Regelwerk nicht her.“ Es gebe drei Gründe für Handelsaussetzungen: wenn Aktien nicht lieferbar sind, wenn bei ausländischen Werten die Notierung am Heimatmarkt ausgesetzt ist oder wenn die Informationslage über ad-hoc-pflichtige Tatbestände wie eine Gewinnwarnung unklar ist. „Nichts davon traf bei VW zu“, sagte der Sprecher.

Dennoch wird hinter den Kulissen nach Lösungen gesucht. Schon heute könnte die Börse nach Handelsblatt-Informationen eine Entscheidung über den weiteren Umgang mit VW fällen. Der Index-Anbieter Stoxx hat bereits angekündigt, die VW-Gewichtung im Euro Stoxx 50 zu überprüfen. Die Finanzaufsicht BaFin sucht derweil Anhaltspunkte für Marktmanipulationen oder Insiderhandel.

Dem vorigen Zitat ist zu entnehmen, dass auch der BaFin und einigen Politikern wohl die Kapriolen nicht entgangen sind. Bisher gibt es ja nur ein auf die Aktien von Banken ausgesprochenes zeitlich begrenztes Leerverkaufsverbot.
Nun durften alle wieder einmal zu sehen wie beim VW-Aktienkurs u.a. Hedgefonds die Börse nicht als Handelsplatz sondern als Casino bzw. Wettbüro missbrauchten.
Auf die Anfangsfrage kann momentan nur geantwortet werden, dass meines Erachtens die Börse ist erst dann ein Handelsplatz ist, wenn das Wettbüro bzw. die dazu benötigten Möglichkeiten verboten werden. Auf eine umgehende Schließung des Casinos zu wetten wird dem geneigten Leser überlassen.

Wirtschaftslehre im „Schnelldurchgang“?

Bei dem Begriff Wirtschaftslehre denke ich oft an den Schulunterricht. In diesem Fach wurde zumindest nach den Hauptschullehrplänen in Nordrhein-Westfalen der Jahre 1971 bis 1977 noch einiges an Grundverständnis für das Zusammenspiel von A wie Arbeit der Menschen, über K wie Kapital oder Geld, U wie Unternehmer oder Arbeitgeber bis Z wie Zusammenhänge oder Abhängigkeiten im Wirtschaftskreislauf vermittelt. Sowohl im kleinen, nationalen und auch internationalem Verbund konnte über das Handeln und seine Auswirkungen gelernt werden.

In der kaufmännischen Berufsschule wurde dann die Wirtschaftslehre gesplittet in die Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre. Mit dem damaligen erlerntem Grundlagenwissen und dem Grundsatz: „Sei auf der Hut, es gibt nichts umsonst“ und „vor einer Entscheidung, schlafe besser eine Nacht darüber“, könnte man meinen, das Leben einigermaßen gut zu meistern.
Ok, zugegeben, damals gab es Begriffe wie Derivate-Handel oder Credit Default Swaps und wie die Neuerfindungen mit Fantasie-Namen heute alle bezeichnet werden zwar noch nicht, aber Begriffe wie z.B. Börse, Aktien, Rentenpapiere, Termin- oder Festgeld, Sparbuch gab es schon. Ebenso wie eine Bank oder Sparkasse in den Grundzügen handelt und weshalb sie so ein wichtiges Unternehmen ist.

Schließlich wurde z.B. die Art der Lohnauszahlung an die Arbeitnehmer vom „Lohntütenball“ umgestellt auf die Überweisung auf ein Konto bei einer Sparkasse oder Bank. Der Postbote war für die Rentner früher einmal der Geldüberbringer, nun wurde ein Konto erforderlich. Also bargeldloser Zahlungsverkehr wurde überall eingeführt. Dieses war für die älteren Menschen auch ein schwieriger Lernprozess, denn sie hatten bisher immer Bargeld zu Hause, bezahlten bar und brachten ihren „Spargroschen“ zur Bank. Ein Girokonto und wie nun der Zahlungsverkehr funktionieren soll, bedurfte dann reichlicher Erklärungen.
Das Hauptthema und die Frage war: „Ist mein Geld sicher?“ Schließlich hatten die Älteren in ihrem Leben schon einiges bezüglich der Sicherheit und den Umgang mit Geld ihrem Leben erlebt. Inflation (z.B. für einen Wäschekorb voll Geld konnte man ein Brot kaufen), Depression, Währungsreform und „Wirtschaftswunder“ seien hier als Stichworte genannt für die wirtschaftlichen Erfahrungen.

Bei einer Sparkasse oder Bank war für die Leute damals das Sparbuch jenes Finanzprodukt, welches sie als „sichere Anlage“ überwiegend betrachteten. Wer als „Kleiner Mann“ sich etwas leisten wollte, wie z.B. ein Haus bauen, dazu gab es die Hypothek von der Bank oder Sparkasse. Mit Erspartem und Eigenleistungen sollte die restliche Finanzierung so gering wie möglich ausfallen. Allerdings wurde versucht sie so schnell wie möglich auch wieder abzuzahlen. Möglichst schuldenfrei wollte man sein. Kredite für Autos oder Urlaub wurden jedenfalls nicht als selbstverständlich angesehen. „Mit dem Einkommen auskommen“ war ein Grundsatz. Sollte es auch heute noch sein.

An der Börse in Aktien oder in Rentenpapieren zu investieren war in der Gesellschaft nicht weit verbreitet. Die eigentliche Aufgabe der Börse ist es einen Preis oder Wert für eine Aktie eines Unternehmens darzustellen sowie Käufer und Verkäufer zusammen zu bringen. Vergleichbar mit dem örtlichen Markt, auf dem der Gemüsebauer sein Gemüse anbietet und der Kunde dieses kauft.
Galten Investitionen an der Börse doch als Risiko-Anlage, wo man alles verlieren kann, wenn es schlecht läuft. In guten Zeiten können allerdings höhere Gewinne erzielt werden als beim einfachen Sparen. Als sogenannter „Kleiner Mann“, wagten solche Anlagen nur wenige und beachteten den Grundsatz: „Heute kaufen, 30 Jahre vergessen, im Alter auszahlen lassen“.
Das „Schnelle Geld“ oder „kurzfristig hohe Erträge“ zu erzielen durch die Schwankungen Aktienkurse war in der Mentalität der Menschen weniger enthalten, als es heutzutage propagiert und auch umgesetzt wird. Die schiere Gier nach immer mehr Geld in immer kürzerer Zeit zu erwirtschaften, wie sie heutzutage z.B. von Bankvorständen, Hedge-Fond-Manager in Aktiengesellschaften oder von einigen windigen Leuten versucht wird, hat sich als „Geschäftsmodell“ durchgesetzt. Allerdings die Gefahr des Scheiterns dieses Modells wurde zwischenzeitlich fasst vergessen bzw. als gering bis nicht gegeben eingestuft verbreitet.

Die Bildungslücke über Sicherheiten und Risiko bei wirtschaftlicher Teilnahme im Finanzsystem erscheint meines Erachtens jedenfalls riesig, wenn man die Fernsehberichte dieser Tage verfolgt. Dieses Problem zieht sich nach meiner Auffassung durch alle Bereiche der Gesellschaft. Es hat sich eingeschlichen oder durch die geschickte Werbung in öffentlich zugänglichen Medien transportiert, der Grundsatz: Sie können blind vertrauen was sie hören oder lesen. Rundherum alles sicher – hohe Renditen – einfach Sorglos-Paket – Wir machen das für Sie -, könnte man als Schlagworte zur unkritischen Reflektion anführen. Diesen Versprechungen wurde geglaubt.

Selbst Vertretern aller Koleur wird unreflektiert abgenommen, was sie von sich geben. Tolle Versprechungen, welche dann aber nicht mehr stimmen, wenn schlechte Grundlagen, die Grundvorstellung von Kurzfristigkeit mit hohem Gewinn, Abzockermethoden oder Schneeballsysteme zugrunde liegen.
Beispiel gefällig? Bitte schön! Gerade in diesen Tagen tauchte ungefragt und unangemeldet jemand hier auf und meinte: In diesen unsicheren Zeiten könnte man sein Geld in eine sichere Anlage wie ein Faksimile anlegen, welche nur eine geringe Stückzahl hätten.
Aber mal nachgedacht: Also Geld für so ein „Sonder-Zettelchen-Teuer-Stück“ ausgeben? Was kann man damit tun? Nahrungsmittel kaufen jedenfalls nicht! Und lässt sich solch ein „Stück“ wieder in Geld tauschen? Wohl nur möglich, wenn man auf einen entsprechenden Liebhaber stößt, der es denn kaufen möchte. Dazu kommt noch die schwierige Preisbildung: Zuviel zahlen oder zu wenig zurückbekommen von dem Preis, den man gezahlt hat, möchte auch keiner der Beteiligten. Also kommt die Schlussfolgerung: Nix wie Geldabzocke! Provisions-Abkassierung-Modell für unkritische Kunden!
Die gleiche Masche wird u.U. angewendet, wenn jemanden etwas anderes für soooo-toll-propper angeboten wird, wo er nicht nachgefragt hat. Besonders verdächtig oder stutzig werden sollte man, wenn es heißt: Das Angebot gilt nur heute! Bitte sofort unterschreiben! – Finger weg davon, kann nur die richtige Handlung sein. Was es morgen nicht mehr auf dem Markt gibt, hat dann wohl keinen wirklichen Wert oder Bestand.

Wie bitter es sein kann, diesen tollen Versprechungen ungeprüft über die vielen zugänglichen Möglichkeiten (z.B. Nachfrage bei eigenen Kindern, Verbraucherschutzorganisation, Stiftung Warenstest oder im Internet als neues Medium) vertraut zu haben, zeigt sich in der jetzigen Finanzkrise, welche um die ganze Welt reicht.
Milliarden-Rettungspakete von den verschiedenen Staaten der Welt werden geschnürt und dem Finanzsystem zugeführt, damit wieder Normalität möglich wird. Durch die Absicherung der „Spargroschen“ des Kunden sowie den Garantien um den Interbanken-Handel wieder anzukurbeln kann aber Vertrauen nicht erkauft werden. Vertrauen ergibt sich aus gegenseitigen zuverlässigen, bestandskräftigen Aussagen und Handeln.

Auch die Börsen reagieren kurzfristig positiv auf solche Maßnahmen, um dann wieder mit roten Zahlen zu erscheinen. Doch werden sie wie ein „Fieberthermometer“ der Wirtschaft gedeutet. Der Verlauf des Dax-Indizes spiegelt so zu sagen den Zustand der realen Wirtschaft mit einem halben Jahr Zeitabstand. Deshalb wird schnell von allen Regierungen gehandelt, damit es hier durch die bisher nur im Finanzsektor vor sich gehenden Geschehnisse nicht auf die reale Wirtschaft durchschlägt. Doch dieses ist wohl scheinbar nur ein frommer Wunsch oder Hoffnung. Dafür wird jetzt an einem zusätzlichem Rettungspaket II auf EU-Ebene gebastelt.

Damit so etwas nicht noch einmal geschehen kann, sollten nun neue Bestimmungen formuliert werden, sowohl national, Europa weit als auch Welt weit. Die Schließung des „Spielkasinos mit weltweiten Auswirkungen“ auf dem Finanzsektor ist unumgänglich. „Die Bank ist gesprengt!“ – wie es im Spielkasino möglich ist, darf es im normalem Finanzbereich nicht geben. Wer bisher die Auffassung vertrat: „der Markt braucht keine Regeln, er richtet alles selbst“ hat jetzt erlebt wie wirtschaftlich gründlich er auch sein eigenes Finanzsystem hinrichten kann.
Hoffentlich war diese Nachhilfe in Wirtschaftslehre im „Schnelldurchgang“ ein heilsamer Schock mit begrenztem Schadensverlauf.

Zum Verständnis von „Private Equity“ oder „Hedgefonds“ und anderen Zusammenhängen

Viele Menschen hier setzen Begriffe wie „Private Equity“ oder „Hedgefonds“ gleich mit „Heuschrecken“.
Es kommt dabei wohl auf die ausgehende Betrachtung an, ob diese Begriffe positiv oder negativ besetzt werden. Dazu kommt noch die kulturelle Einstellung in der Gesellschaft, in der eine bewertende Person lebt.
Aus amerikanischer Sicht sieht die deutsche Gesellschaft halt anders aus, als wir uns vielleicht selbst sehen.

Wie unterschiedlich dieses sein kann wird in dem Fernsehbericht von Arte, am 17. Oktober um 10.50 Uhr (Wiederholung), „Mit Charme und Dollars – Ein Kapitalist macht Beute“ deutlich darstellt.
Darin kommt ein Vergleich zustande (Deutschland mit Russland) zu dem einen nichts mehr einfällt. Jedenfalls aus meiner Sicht. Es gibt eben unterschiedliche Wirtschaften. Bekanntlich hinken allgemeine Vergleiche und das ist auch gut so.

Eigentlich möchte ich hier keine spezielle Werbung machen, aber wer sich über einige wirtschaftliche Zusammenhänge wundert oder wissen möchte, wer wie im Hintergrund die Fäden zieht, der sollte sich diese Sendung nicht entgehen lassen. Durch den Bericht wird auch klar, warum z. B. eine Hamburger Reederei nun zum Verkauf steht.

Auch die vorhergehende Sendung um 9.55 Uhr mit dem Titel „Bosse, Börse und Bilanzen – Manager zwischen Rendite und sozialer Verantwortung“ gibt Aufschluss wie über Finanzmärkte das Wirtschaftsgefüge beeinflusst wird (unter o.g. Link mit enthalten).
Als Stichworte seien hier z. B. Continental oder Nokia mit dem Begriff „Shareholder Value“ (kurzfristig hohe Gewinne) gegenüber Mittelständlern (langfristige Existenz mit Gewinnerzielung) genannt.

Vielleicht wird einiges deutlicher, erkennbarer oder verständlicher, weshalb in der jetzigen Finanzkrise so heftig über die erforderlichen Rahmenbedingungen gestritten wird. Es gilt immer noch das Sprichwort, welches lautet: „Geld regiert die Welt“.
Wer über dieses regiert hat also Macht. Macht, um die Finanzmärkte sowie die Wirtschaft und damit das Wohl und Wehe der Menschen dieser Welt zu beeinflussen. Die Regierungen der Staaten, könnte man meinen, erscheinen dagegen nur noch wie „kleine Leuchttürme“ im großen Sturm, der momentan über die Welt im Finanzbereich herein gebrochen ist. Für die Wirtschaft, einschließlich der Banken, und die Menschen eines Landes erscheinen sie wie ein letzter Rettungsanker, um wieder Stabilität zu finden. Es bleibt meines Erachtens im Moment nur die Hoffnung, dass die handelnden Personen die richtigen Entscheidungen für die Menschen auf dieser Welt treffen.